Test: Nordship 420 DS – ganzjahrestaugliche Deckssalonyacht | YACHT

2023-03-23 15:09:31 By : Mr. leo LIU

Komfortabel wohnen, gut segeln, Kälte und Wind mit gutem Ausblick unter Deck abwettern: Sind moderne Deckssalonyachten die besseren Fahrtenboote? Die neue Nordship 420 DS soll es beweisen

Das Deckssalonboot fristet ein Dasein in der Nische. Nur wenige Werften wagen sich an das anspruchsvolle Raumkonzept, an das ästhetische Wagnis, an den ambitionierten Kompromiss aus steigendem Gewicht und dem Wunsch nach guter Segelleistung. Sirius vom Plöner See gehört dazu, seit geraumer Zeit auch die Hanse-Gruppe mit ihrer Marke Moody, Wauquiez und Alubat (Ovni) aus Frankreich, Scandi aus Finnland und eben die bereits 1987 gegründete Manufaktur Nordship vom dänischen Festland.

Wohlgemerkt: Wir reden vom Deckssalon, Yachten, deren Sitzgruppe im Salon so platziert ist, dass man im Sitzen herausgucken kann und dabei nahezu Rundumblick genießt. Mit lediglich höherem Aufbau für mehr Licht, aber immer noch tiefliegender Couch sind andere Werften unterwegs: Contest, Oyster, Elan (GT), Discovery/ Southerly, Bavaria (Vision).

Also Nordship. Der mit Faurby Yachts fusionierte Hersteller fertigt zwar nur rund zwölf Einheiten pro Jahr, brennt aber derzeit geradezu ein Neuheitenfeuerwerk ab: Im Herbst 2021 kam das ambitionierte Flaggschiff 570 DS, kurz darauf folgte die hier getestete 420 DS und dann noch eine 500 DS. Weiter sind im Programm die 360 und die 380, die noch in alter Optik mit geteilten Fenstern daherkommen.

Anders die 420 DS als kleinste Yacht der überarbeiteten Range, zu erkennen an den annähernd mandelförmigen Aufbauscheiben, die wie aus einem Guss wirken, aber natürlich nicht ohne innere tragende Struktur auskommen. Das Boot basiert im Rumpf auf der 40 und zeigt somit noch eher konservative strakende Linien ohne Chines, Fasen oder überbreites Heck.

Der Aufbau mag wuchtig wirken, aber er ist formschön ins restliche Deck integriert, das komplett neu gestaltet wurde. Die Kappe geht fließend in hohe Cockpitsülls über, die in Höhe der einzelnen Steuersäule enden. Die Plicht selbst besteht aus einer großen Sektion, die frei von jeglichen Bedienelementen ist, und dem durch ein Brückendeck separierten Arbeitsbereich mit Rad und Schotwinschen. Dort enden auch die Fallen und Strecker, die durch Rohre nach achtern geführt sind. Die Gennakerwinschen stehen auf der umlaufenden Bank für den Rudergänger, die auch etwas Stauraum bereitstellt.

Das Technora-Black-Großsegel von Elvstrøm wächst elektrisch in den Herbsthimmel vor Middelfart am Kleinen Belt. Händisch ginge es auch, aber die Reibung in den Rohren lässt sich nicht ignorieren. Die Selbstwendefock wickelt über Facnors Flatfurler vom Vorstag. Und los geht’s. Deckssalon kann auch performant und, vielleicht fast wichtiger: spaßliefernd. Es ist eine reine Freude, die Nordship an die Windkante zu dirigieren und dort lostänzeln zu lassen. Schnell ist die Spur gefunden und angesichts der Selbstwendefock ein Aufkreuzen selbst im engen Gewässer zwischen Fanø und Fynen ein großer Spaß für die ganze Familie, so sie sich denn zu beschäftigen weiß: Denn das Boot ist perfekt einhandtauglich.

Die Großschot liegt einseitig im direkten Zugriffsbereich des Rudergängers, ebenso der Traveller, der jedoch länger ausfallen könnte. Möchte nun ein Mitsegler an einer Winsch aushelfen, braucht er besonders dicke und lange Arme, wollte er dies aus dem Touristencockpit vorn erledigen. Er wird nach achtern klettern und dort aus dem Steuermannscockpit seinen Job verrichten wollen.

Egal. Die Freude am Rad (das etwas größer ausfallen könnte) wird durch eine gute Höhe mit möglichen Wendewinkeln unter 90 Grad noch größer, hinzu kommen Werte jenseits der Sieben-Knoten-Marke. Der Ruderdruck ist wohldosiert und liefert Feedback, das Rad arbeitet mit anderthalb Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag direkt genug und begünstigt ein ermüdungsarmes Steuern im Sitzen auf den breiten Sülls, von wo aus der Blick nach vorn ungehindert gewährleistet ist.

Etwas abgefallen geht es naturgemäß noch besser los, schnell sind acht Knoten erreicht und übertroffen. Man wünschte sich noch Decksaugen für die Außenschot, um der schmalen, auftwistenden Selbstwendefock auch in der Höhe Leistung abzunötigen. Macht nichts. Das Boot segelt schnell, hoch und außerordentlich steif, auch in Drückern.

Unter Motor gibt es keine besonderen Auffälligkeiten, auch nicht beim Manövrieren. Obendrein hat Nordship nicht nur verschiedene Bugschrauben im Angebot, sondern baut auch gern noch einen im Skeg installierten Heckstrahler ein, was sinnvolle Optionen sind.

Langsam wird es schattig, eine gute Gelegenheit, die Komfortqualitäten des Deckshauses auszuprobieren. Die Aussicht vom Sofa aus durch die bis zu 50 Zentimeter hohen Scheiben ist phänomenal, der Raum hell und einladend, so kann es weitergehen. Das Boot ließe sich mit der Fernsteuerung des Autopiloten nicht nur auf Kurs halten, sondern gar damit aufkreuzen, siehe weiter oben die Selbstwendefock. Ein regelrechter Innensteuerstand mit Rad ist somit überflüssig.

Ein Aber: Der Navitisch steht auf dem Salonboden, der gegenüber der Sitzgruppe etwa 36 Zentimeter tiefer liegt. Wer dort arbeitet, kann nicht rausgucken. Das ändert sich, wenn der marinisierte, weil per Gelenkstange fixierte rollende Bürostuhl signifikant hochgefahren wird, so lässt er sich auch am Salontisch nutzen. Aber dann ist der Tisch schlecht erreichbar.

Der Deckssalon hebt den Begriff des Hafenkinos wortwörtlich auf eine neue Ebene. Noch ein Aber: Die 24 Millimeter dicken thermoisolierten Scheiben aus Sicherheitsglas sind zwar etwas abgedunkelt, aber abends mit Beleuchtung wird die Gesellschaft am 1,20 Meter langen und 85 Zentimeter breiten Tisch selbst zur Ansichtssache. Dann helfen Jalousien oder der Gang in den sogenannten Abendsalon zwischen Niedergang und Achterkabine, wo immerhin drei Personen Platz finden. Dort realisiert die Werft auch gern jede andere Nutzungsmöglichkeit von der Stockbettkoje bis zum Büro.

Achtern liegt des Eigners Reich, zentral und großzügig. Nur die 1,60 Meter hohe Tür und der 1,76 Meter lichte Raum unter dem Brückendeck auf dem Weg von einer auf die andere Seite in der Achterkabine erfordern eine kurzfristige Demutshaltung.

Und dann kommt nach dem Decks- und dem Abendsalon bereits die dritte Besonderheit, der Spielplatz für den bastel- und materialaffinen Part des Eignerpaares. Dort, wo sich auch eine zweite Nasszelle installieren ließe, liegt der Technikraum – ein Hort maximaler Freude für jeden Ausrüstungs-Nerd und Schrauber. Da ist auf zwei tiefen, rund 1,60 Meter langen Regalbrettern Platz für Staukisten, Werkzeugkoffer, Material. Dort finden Schlauchboot, Außenborder, Falträder, Zusatzsegel Platz und haben einen Zugang von oben per Backskistendeckel. Da hängen Schoten, Leinen, Fender, ließe sich ein Schraubstock installieren, Ladegeräte für Akkus fest anbauen – großartig!

Zudem sind dort und auf dem angrenzenden Platz unterhalb der Sitzgruppe Installationen wie die Heizung, Komponenten der elektrischen Versorgung, Filter und Seeventile bestens erreichbar.

Eine weitere yachtbauliche Nichtalltäglichkeit ist die Positionierung der Pantry. Die befindet sich tiefergelegt vor der Navigation. Der Smut werkelt dort etwas von der Salonsitzgruppe separiert und ohne Aussicht auf das Hafengeschehen oder den Ankerplatz, was er nicht mögen muss. Er darf sich zumindest über viel Stauraum freuen, der auch in der tiefen Bilge zur Verfügung steht, die sich durch scharniergelagerte Bodenbretter mit Griffen gut erreichen lässt. Auf Wunsch ergänzt ein Eisschrank den haushaltsüblichen Kühlschrank, Lüftungsmöglichkeiten sind vorhanden, und Platz für die anfallenden kleinen Dinge gibt es auch. Höhere Schlingerleisten würden aber die Pantry seesicherer gestalten. Von dieser Eigenschaft könnte die Kocher-Kardanik auch mehr gebrauchen: Der Ofen schlägt auf Steuerbordbug bereits bei 17 Grad Lage an, etwas mehr sollten es sein.

Die Nasszelle wird vom Durchgang aus erreicht und fällt erstaunlich voluminös aus. Dort ist Platz für eine große elektrische Toilette und ein separates Duschabteil mit 1,94 Meter Stehhöhe und einer großen Bodenfläche von 70 mal 75 Zentimetern. Der Raum lässt sich durch den hier platzierten Ausströmer der standardmäßig enthaltenen Heizung auch als Trockenschrank für das Ölzeug nutzen.

Im Vorschiff liegt die Gästekabine, deren Koje recht groß ausfällt. Die Wände sind mit einer klassischen Wegerung ausgestattet, die hervorragend zur Anmutung unter Deck passt. Denn die ist ansatzweise traditionell gestaltet, aber entmufft. Das Serien-Mahagoni ist porenfüllend matt lackiert und in bester skandinavischer Bootsbaukunst gefertigt. Stöße sind sauber, Kanten gebrochen, Fugen klein – Augen und Hände freuen sich. Auch schön: Statt mit einer Innenschale ist der Himmel mit Kunstleder und Holzdekorleisten verkleidet.

Das alles ist rundum gelungen; die Nordship 420 DS ist als bärenstarker Konkurrent im überschaubaren Markt der Deckssalonyachten einzustufen. Der Preis ist hoch, wird aber kaum größer, wenn die sinnvolle Komfortausstattung angekreuzt wird; das Schiff ist hervorragend ausgestattet. Und er liegt auch in der kleinen Stückzahl, der handwerklich hohen Qualität und in der möglichen Individualität begründet. Thomas Dan Hougaard, Mitinhaber neben dem Gründer und Hauskonstrukteur Lars Buchwald: „Im Grunde kann der Kunde alles bekommen. Auf dem Testschiff haben wir den Boden tiefergelegt, weil der Eigner so groß ist. Vorn eine Segellast und dafür eine kleinere Kabine ist ebenso möglich wie eine größere Pantry, eine einzelne Dusche oder zwei Kabinen achtern.“

ohne Abdrift/Strom; Windgeschwindigkeit: 12 bis 18 kn (4–5 Bft), Wellenhöhe: glattes Wasser

Der recht niedrige Wert ist mit der Selbstwendefock gerechnet, die beim Test für guten Speed ausreichte

In dB(A), gemessen in Marschfahrt (80 % der Höchstdrehzahl): 7,0 kn, 2.200 min -1

Sandwich-Bauweise mit Schaumkern und Vinylesterharzen im Handauflegeverfahren. Unter Wasser Volllaminat. Schotten anlaminiert. Deck geklebt und geschraubt

Der Spant ist überwiegend rund, die Linien strakend, Chines gibt es nicht, und das Heck schnürt stark ein

Die Profile sind in der Sehne lang, was für Kursstabilität steht. Die Bombe ist aus Blei

Der Segelplan am 20,20 Meter hohen Seldén-Rigg ist gestreckt. Die Selbstwendefock ist die Standard-Besegelung

Die bis zu 50 Zentimeter hohen Scheiben bestehen aus 24 mm starkem isolierendem und abgetöntem Sicherheitsglas

Mit dem 60 PS starken Volvo Penta D2-60 und einem dreiflügeligen Faltpropeller am Saildrive ist das Boot gut motorisiert, kommt auf über sieben Knoten bei Marschfahrt

Im Standardpreis sind Dacron-Segel enthalten. Auf dem Testboot kamen Elvstrøms Epex-Tücher mit einseitiger Tafetta-Armierung zum Einsatz, die hervorragend standen

Vier Andersen-46er-Winschen machen Schotarbeit zum Vergnügen. Erwähnenswert ist die nur flach aufbauende und kugelgelagerte Gurtband-Rollreffanlage von Facnor

Nordship Yachts, 6640 Lunderskov, Dänemark; www.nordship.dk

In einer vorherigen Version waren in der Zeichnung fehlerhafte Innenraumhöhen und Kojenmaße angegeben. Wir bitten dies zu entschuldigen und bedanken uns bei den aufmerksamen Lesern für die Hinweise.

Antifouling, Sprayhood, Heizung, Geschirr für sechs Personen, alles schon dabei. Fehlen nur noch Windmessanlage und Autopilot – und die leidige segelklare Übergabe

GFK-Bugspriet mit Leiter, Süllkante aus Teak, Fockfallwinsch am Mast, Edelstahl-Springklampen, Faltpropeller, E-Toilette, 300 Ah Batterie­kapazität, 115 Ah Lichtmaschine

Die Nordship 420 DS lässt seglerisch keine Wünsche offen, ist hochwertig gebaut und ausgestattet, bietet viel Wohn- und Stauraum, ist per Deckssalon ganzjahrestauglich, und der Kunde hat sehr viele Wahlmöglichkeiten. Ein gelungenes und besonderes Boot

Deckssalon mit Innensteuerstand auf Cockpitbodenniveau mit erhöhten Steuerständen an Deck. Keine Heckkabine.

Rumpflänge 11,99 m; Breite 4,20 m; Gewicht 11,6 t; ab 474.810 Euro

Finnische Deckssalonyacht mit kurzem Aufbau und erhöhten Steuerständen im Achtercockpit sowie hoch liegendem Innensteuerstand.

Rumpflänge 12,80 m; Breite 4,06 m; Gewicht 7,5 t; ab 475.040 Euro

Steuerstand, Cockpitboden und Sitzgruppe liegen auf einer Höhe. Innensteuerstand leicht erhöht. Dritte Kabine unter der Sitzgruppe.

Rumpflänge 11,99 m; Breite 4,00 m; Gewicht 11,0 t; ab 730.000 Euro

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